Kapitel 9 – Erwachen

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Während Nekomaru und Kurojoshi Kontakt ins Reich der Toten aufnehmen, haben Noah und Xenos mit ihrer Suche begonnen. Sie entschließen sich, das Haus des weißhaarigen Jungen aufzusuchen. Vielleicht ist sein Vater dorthin zurückgekehrt. Doch lediglich seine Mutter wartet dort, sie macht sich ebenfalls große Sorgen um ihren Mann.

Anschließend brechen sie wieder zum Sägewerk auf. Dort suchen sie nach Spuren, die vom Platz wegführen. Als sie vorhin das erste Mal hier waren, hätte sich viel aus diesen lesen lassen. Doch durch ihren Kampf gegen die Wölfe und den wilden Wolfsjungen, welcher jetzt in einer Zelle Inekorias sitzt, wurden viele Fährten zerstört. Dennoch versuchen sie zu verwerten, was auch immer sie noch finden können.

Schließlich gelingt es Noah eine Spur zu finden, die ihnen vielleicht weiter helfen könnte. Es sind einige Fußabdrücke und Schleifspuren, die vom Sägewerk weg, tiefer ins Bambusdickicht führen. Die beiden Kinder folgen dem Pfad, der sie weit in den Wald bringt. Zu den anhaltenden Schleifspuren lassen sich immer größer werdende Blutflecken finden.

Noah ist besorgt. Wer auch immer sie hinterlassen hat braucht dringend Hilfe. Einerseits hofft er, dass diese Spur ihn zu seinem Vater führt. Andererseits hat er Angst davor, was ihn wohl am Ende der Spur erwarten könnte.

Langsam kämpfen sie sich durch das unwegsame Gelände. Der Waldboden von dichtem Moos und mannshohen, lichten Sträuchern vollständig bedeckt. Neben der Spur, die sie verfolgen, kreuzen sie immer wieder Pfade, die von Wildtieren hinterlassen wurden. Es ist still. Nur die Bambuswipfel knacken und schlagen aneinander. Hin und wieder stößt ein wildes Tier seinen Ruf aus. Wachsam schauen sich die beiden Jungen ununterbrochen um.

Plötzlich bleiben die beiden stehen. Aus dem Wald erklingt das leise Summen einer unbekannten, hellen Stimme. Xenos und Noah schauen sich an. Schließlich verlässt Xenos die von ihnen verfolgte Spur, um dem fremden Summen nachzugehen. Noah zögert, schließt sich dann jedoch an.

Die Kinder gelangen auf eine kleine Lichtung, voll von orangen Blüten. Inmitten dieser sitzt ein kleines, blasses Mädchen mit langen schwarzen Haaren, die unter ihrer aufgesetzten roten Kapuze ihres Mantels hervorkommen und sich über ihre Schultern legen. Sie sammelt einen Strauß dieser intensiv organgen Blüten und dessen längliche, flache, sattgrüne Blätter. Bis Noah seine Stimme erhebt, lässt sie sich nicht stören.

„Hallo, was machst du hier allein im Wald?“

Das Mädchen schaut auf: „Ich sammle diese Blumen.“

„Hast du jemanden in der Nähe vorbeikommen sehen?“, will Xenos wissen.

Sie steht auf: „Kommt ihr vom Sägewerk?“

„Ja!“, antwortet Noah hoffnungsvoll. „Wir suchen die vermissten Personen. Eine davon ist mein Papa.“

„Ich habe vier verletzten Männern eine kleine Höhle in der Nähe gezeigt. Sie wurden im Sägewerk angegriffen und sind geflohen. Für sie sind die Blumen.“

„Blumen? Sind sie gestorben?“, fragt Noah schockiert.

„Nein. Die Blätter eigen sich als Verbände“, schüttelt das Mädchen den Kopf, „und wenn man die Blüten zu Brei zermahlt, besitzen sie eine schmerzlindernde Wirkung.“

„Wie ist dein Name?“, interessiert sich Xenos.

Sie lächelt ihn an und nimmt die rote Kapuze ab: „Lamilia.“

„Kannst du uns zu den Männern führen?“

Sie nickt und macht sich auf den Weg: „Folgt mir einfach.“

Mit schnellen Schritten nähern sie sich einer langen, steinernen Wand. Schon bald erkennen sie die Stelle, von der Lamilia sprach. Sie betreten eine kleine, nicht sehr tiefe Höhle, in welcher ihnen bald der Schein eines kleinen Feuers entgegendringt. Noah beginnt zu rennen und verschwindet hinter der nächsten Ecke. Xenos tut es ihm gleich.

Um ein paar lodernde Äste sitzen die vier Männer an die Höhlenwände gelehnt. Zwei von ihnen haben sich schwer verletzt. Einer von ihnen hält sich seinen angebrochenen Arm. Dem zweiten fehlt ein Stück seines Oberschenkels. Vermutlich hat es einer der Wölfe herausgerissen. Notdürftig wurden die Gliedmaßen bereits abgebunden, um weiteren Blutverlust zu reduzieren. Dennoch sind ihre Gesichter nicht weniger schmerzverzerrt. Die anderen beiden weisen nur leichtere Wunden auf. Sofort macht Lamilia sich daran die Verletzungen zu versorgen.

Noah scheint unterdessen seinen Vater wiedergefunden zu haben. Unter Tränen sitzt er auf seinen Knien und umarmt einen der leichter verletzten Männer. Dieser erwidert sie liebevoll.

Als sich Lamilia dem Bein des einen Opfers annimmt, beginnt sie zu murmeln, bevor sie laut ihre Bedenken äußert: „Ich brauche Wasser! So kann ich die Wunde nicht versorgen. Wir müssen den Dreck und die Sägespäne ausspülen, um eine Infektion zu vermeiden.“

„Ich habe noch einen Rest bei mir“, erwidert Xenos.

Lamilia streckt die Hand aus und der Junge reicht ihr das Wasser. Vorsichtig beginnt sie die tiefe Wunde zu spülen. Die kühle Flüssigkeit rinnt über das offene Fleisch und nimmt etwas Schmutz mit sich, bevor es auf den staubigen Höhlenboden tropft. Der Mann atmet schwer. Stark zeichnen sich die krampfhaften Adern auf seinen Armen ab, als er versucht den Schmerz durch das kräftige Ballen der Fäuste erträglicher zu machen. Doch noch bevor die Fleischwunde gänzlich gereinigt ist, erreichen die letzten Tropfen den Boden.

„Ich brauche mehr Wasser! In der Nähe ist ein Bach. Wir kochen es über dem Feuer ab und lassen es ein wenig abkühlen.“

„Können wir die Männer nicht einfach in die Stadt bringen?“, überlegt Xenos nach einer Alternative.

„Wir konnten uns kaum nach hier retten“, stöhnt einer von ihnen.

„Gut, dann werde ich gehen“, beschließt Xenos. „Wo finde ich den Bach?“

Lamilia springt auf: „Ich führe dich hin. Passt in der Zeit auf, dass das Feuer nicht ausgeht.“

Noah und die Männer nicken.

Bevor Xenos noch etwas sagen kann, packt sie ihn am Arm und zieht ihn mit sich.

Die beiden Kinder entfernen sich von der Höhle und der Felswand. Eine ganze Weile läuft Lamilia durch den idyllischen Bambuswald. Geschickt springt sie über jedes Hindernis und setzt den Weg schnellen Fußes fort. Aus der anfänglichen Zielstrebigkeit wird aber schnell ein gewisses Umherirren. Immer wieder bleibt sie stehen, um sich umzusehen und zu lauschen. Als Xenos nachfragt, beharrt sie jedoch darauf zu wissen, wo der gesuche Bach fließt.

Einen Moment später stehen sie tatsächlich vor dem kleinen Rinnsal. Das Mädchen ist erleichtert. Unmittelbar fordert sie Xenos auf das Wasser zu schöpfen. Dieser sucht einen festen Stand im rutschigen Morast und kniet sich hinab. Langsam fließt das kühle, kristallklare Wasser in seinen Wasserschlauch. Lamilia beugt sich über ihn und beobachtet, wie der Junge immer mehr Wasser einfängt. Sie stützt sich mit ihren Händen auf seine Schultern. Ihr Griff wird fester. Dann beugt sie sich hinab, beißt Xenos in den Hals.

Sofort lässt der Nekromant den Schlauch fallen und schreit auf. Er stößt das Mädchen weg und schnellt hoch. Mit seinen Fingern fährt sich der Junge über die schmerzende Stelle. Blut. Xenos schaut in Lamilias selbstgefälliges Gesicht. Ihre spitzen Eckzähne verschwinden hinter ihren leuchtend roten Lippen.

„Du bist ein Vampir!“

Sie lacht: „Genau. Und du mein neuer Diener!“

Beißt ein Vampir ein Opfer, verliert es die Kontrolle über sich. Es wird zur Marionette des Vampirs. Der Vampirdiener kann selbstständig denken, sympathisiert allerdings mit seinem Meister. Er ernährt sich weiterhin von für ihn üblichen Speisen, verspürt aber einen stärker werdenden Durst nach Blut. Nach dem ersten Trinken menschlichen Blutes wird er ein vollwertiger Vampir.

„Lass uns gehen“, spricht Lamilia und dreht sich weg.

Verkrampft bleibt Xenos an Ort und Stelle: „Niemals werde ich dir dienen!“

„Oh, du bist ziemlich widerstandsfähig. Normalerweise erliegen mir die Menschen nach wenigen Augenblicken.“

„Ich bin eben nicht wie jeder andere.“

„Da habe ich dich wohl unterschätzt, Xenos.“

„Du weißt, wer ich bin? Natürlich. Du bist selbst nur Dienerin einer anderen. Dämonenfürstin des Blutes – Sangra. Milia flatulentarum pulverem grana!“

Kleine Partikel beginnen um Lamilia zu schweben, welche in der nächsten Sekunde heftige Explosionen verursachen, die tief in den Wald schallen. Das Mädchen geht zu Boden. Zerfetzter Bambus fliegt umher.

„Gib deine Kontrolle schon ab“, hustet sie ernst.

„Nicht an dich, verlogenes Biest!“

Ein tiefböser Blick durchdringt Lamilia. Um Xenos herum entsteht ein Wirbel aus schwarzem, undurchdringlichem Rauch. Er wischt sich das Blut vom Hals und lässt es zu Boden tropfen. Ein Sigill zeichnet sich im Matsch ab. Unter schrecklichem Stöhnen erheben sich Untote in zerschlissener, lockerer Wüstenkleidung.

„Meine letzten Reserven“, spricht er zynisch, „aufgespart nur für dich.“

Das Mädchen weicht zurück und lacht: „Du nutzt deinen Totenschleier, den du selbst nur schwer kontrollieren kannst, obwohl du gerade bereits drohst, die Kontrolle an mich zu verlieren?“

„Lieber verliere ich die Kontrolle über mich als an dich!“

Die Untoten stürmen los. Doch Lamilia ist schnell. Sie entgeht den eiskalten Griffen der stinkenden, wandelnden Leichen. Mit gezielten Schlägen gegen die verrottenden Gelenke lässt sie einige von Xenos‘ Dienern förmlich in sich zusammenfallen.

Schließlich schafft es einer der am Boden liegenden Untoten, das Bein der Vampirin zu greifen. Kurzzeitig verliert sie das Gleichgewicht. Genug Zeit, dass andere Untote die verbliebenen Gliedmaßen fixieren können. Zufrieden, doch um die Kontrolle ringend, bewegt sich Xenos auf das Mädchen zu. Langsam legt er die Fingerspitzen seiner rechten Hand auf ihre linke Brust. Unmittelbar durchfährt Lamilia das Gefühl der eiskalten Berührung. Xenos spürt das Schlagen ihres Herzens.

„Du hast lang genug gelebt.“

„Hör auf!“, schreit sie und versucht sich aus dem Klammergriff der Untoten zu befreien. „Hör sofort auf!“

Diese Worte durchdringen Xenos‘ Körper. Unfreiwillig lässt er ab und befiehlt seinen Untoten die Gefangene loszulasssen. Diese reißt sich los und gewinnt an Abstand. Xenos atmet schwer. Er ringt um die Kontrolle. Doch jedes weitere Wort könnte sie endgültig brechen. Der Nekromant entschließt sich zu einem drastischen Schritt und beginnt sich zu konzentrieren. Nichts ist ihm mehr zuwider als jemandem zu dienen. Lieber verliert er freiwillig die Kontrolle über seine Kräfte. Auch wenn ihm die Idee selbst nicht gefällt, so ist es für ihn das geringere Übel. Er setzt seine Hoffnung in Nekomaru.

Sein Blick wird um ein Vielfaches finsterer. Schwarzer Rauch schießt weiter in den Wald hinein. Die verbliebenen Untoten heulen auf und krümmen sich. Schneller als je zuvor sprinten sie auf ihr Ziel zu. Die packenden Hände reißen förmlich an Lamilia. Ihre faulenden Fingernägel bohren sich durch das Fleisch. Doch mit Mühe schafft es die Vampirin, weiteren Abstand zu gewinnen.

„Reiß dich zusammen“, schreit sie Xenos an.

Dieser reagiert jedoch nicht. In ihrem Gesicht zeichnet sich Unsicherheit ab. Lamilia entscheidet sich weiteren Abstand zu gewinnen und wechselt ihre Form. Als Fledermaus erhebt sie sich hinauf in die Bambuswipfel. Der Blick des Nekromanten folgt ihr genau, als sie plötzlich wieder Richtung Boden geschlagen wird.

Schnell weicht ihr kleiner Körper den nach ihr greifenden, untoten Händen aus. Das Mädchen schaut sich um. Durch die bereits mit dunklem Rauch durchzogene Luft ziehen zahlreiche weitere dicke Rauchschwaden. Sie bewegen sich jedoch nicht gleichmäßig, geschweige denn folgen sie dem Wind. Sie winden sich wie Schlangen und sind zahlreicher als die Tentakel eines Oktopus.

„Das sind Schatten!“, stellt sie schockiert fest. „Er kann sie nutzen. Ich habe ihn wahrlich unterschätzt.“

Den Untoten am Boden ist sie entkommen. Doch schon schießen die Schatten auf sie zu. Mit schnellen Flugmanövern versucht sie sie abzuhängen. Doch diese lassen sich durch Hindernisse nicht abhalten. Sie brechen durch die Bambusstangen, die in alle Richtungen zerbersten. Zahlreiche Wipfel krachen zu Boden, bis es Lamilia ebenfalls erwischt. Die Schatten verletzen ihre Flügel. Unsanft fällt sie zu Boden und wechselt wieder in ihre menschliche Form. Ihr Arm weist eine tiefe Schnittwunde auf.

Sofort stürmen die Untoten wieder auf sie zu.

„Du kannst mich nicht töten!“ schreit sie und rafft sich auf.

„Richtig!“, vernimmt sie eine nicht unbekannte Stimme. „Sie ist die Schutzheilige der Männer vom Sägewerk.“ Noah stellt sich an ihre Seite: „Was ist hier los? Ich habe Explosionen gehört.“

In ihm sieht Lamilia eine neue Gelegenheit. „Hör auf, Xenos!“, versucht sie ein letztes Mal Einfluss zu nehmen, bevor die Vampirin auf Noahs Unterstützung setzt. „Ich weiß auch nicht. Dieser Nebel ist plötzlich aufgezogen und dann ist er durchgedreht. Dann kamen auch noch diese halb verwesten Monster!“

Noah nickt. Er versteht, was Lamilia von ihm erwartet, sieht jedoch nicht ihre Intrige. Schon sind Xenos‘ Diener bei ihnen. Der weißhaarige Junge nimmt sich ihrer an, während das schwarzhaarige Mädchen sich unauffällig zurückhält. Die Untoten besitzen eine unglaubliche Stärke. Sie kratzen, beißen und reißen und fügen Noah einige schmerzhafte Wunden zu. Doch letztendlich schafft der Junge es, sie mit seiner Kraft zu Boden zu bringen und ihre Seelen zu befreien. Der Kampf hingegen widert ihn an. Er verabscheut ihn und das Anwenden von Gewalt. Aber auch Noah weiß, dass es in diesem Fall keinen anderen Weg als die direkte Verteidigung gibt. Innerlich bittet er jedes dieser Monster um Vergebung und wünscht ihnen den Frieden.

Xenos unternimmt nichts gegen Noah, der seine Untoten zurückschlägt. Seine Schattenarme verharren in der Luft. Er ist nach wie vor auf Lamilia fixiert.

„Hey Xenos“, ruft Noah, „die Monster sind besiegt.“

„Sie ist das Monster“, bekommt er knapp als Antwort.

Sein Blick fällt auf das Mädchen: „Du irrst dich sicher. Du kannst nicht klar denken. Lass uns erstmal etwas ruhiger werden.“

Nun schnellt sein Blick doch zum Weißhaarigen, der sich ihm beschwichtigend nähert. Sofort setzen sich seine Schatten wieder in Bewegung. Einige von ihnen bauen sich zwischen ihm und Noah auf, während andere auf das Mädchen im Hintergrund niedergehen. Diese weicht den flinken Schatten jedoch geschickt aus.

Noah lässt sich von den Schatten nicht beirren und schreitet an ihnen vorbei. Dann ertönt ein heller Schrei, gefolgt vom Brechen eines Bambusrohrs. Xenos hat Lamilia erwischt und sie nach hinten geschleudert. Schnell fixieren die Schatten ihre Gliedmaßen.

„Hör auf!“, verlangt Noah entschlossen.

Nun scheint auch der weißhaarige Junge als Bedrohung wahrgenommen zu werden. Schatten schießen auf ihn zu, umklammern seinen linken Arm und wollen ihn zu Boden ziehen. Doch er reißt sich los, steht jetzt fast unmittelbar von Xenos. Dieser macht einen Satz zurück und lässt Noah durch weitere Schatten angreifen. Einigen Angriffen versucht der Junge zu entgehen. Doch sie sind viel wendiger und schneller als er. Er kommt an Xenos nicht mehr heran. Schnitt für Schnitt wird seinem Körper zugefügt. Seine zerfetzte Tunika saugt immer mehr Blut in sich auf. Ein aussichtsloser Kampf, den er nicht mehr lange durchhalten kann. Er kann den Schatten nichts anhaben.

Schließlich entscheidet er sich für den Rückzug. Der Junge macht kehrt und rennt auf Lamilia zu. Schnell reißt er einige der Schatten von ihr los. Doch schon gehen weitere Angriffe auf die beiden nieder. Schützend nimmt Noah die Schläge und Schnitte auf sich. Dann geht er zu Boden. Sofort umschlingen ihn die Schattenarme. Die beiden Kinder werden in die Luft gezogen. Ihre hängenden Fußspitzen berühren nur noch sacht den Waldboden.

Xenos nähert sich ihnen. Langsam legt er erneut seine Fingerspitzen auf Lamilias linke Brust. Die Kälte durchfährt sie und sie beginnt noch einmal mit aller Kraft zu versuchen sich zu befreien.

Noah, der durch die vielen Verletzungen geschwächt bereits regungsloser in den Fängen hängt, rafft sich noch einmal auf: „Bitte Xenos, hör auf. Was ist plötzlich los mit dir? Ich dachte wir sind Freunde. Freunden …“

Er kommt nicht mehr dazu seinen Satz zu beenden, als ihn die Schatten aus der Luft auf den unebenen Boden aufschlagen lassen. Xenos lässt noch einmal von Lamilia ab und stellt sich über Noah. Sein eiskalter Blick durchdringt den Jungen.

„Wir sind keine Freunde“, spricht er mit unheimlicher Stimme.

Ein neuer Schatten mit spitz zulaufendem Ende bildet sich über Noah. Dieser wird den Jungen töten. Er versucht sich loszureißen. Seine Gliedmaßen hingegen beginnen langsam einzuschlafen. Dann schießt die Schattenklinge los. Lamilia hält den Atem an. Noah schließt seine Augen, sein Schicksal geschwächt und angsterfüllt akzeptierend.

Gleißendes Licht bricht aus. Ausgehend von Noah zerreißt es alle Schatten. Nichts widersetzt sich in diesem Moment dem unglaublichen Schein. Das alles umschließende Licht strahlt gar heller als die Sonne. Noch in der entfernten Höhle wundern sich die verletzten Männer über den plötzlich auftretenden Lichtschein, der abgeschwächt ihre Zuflucht durchdringt.

Geblendet kneift Lamilia ihren Augenlider zusammen. Xenos stolpert nach hinten. Er hält sich schützend einen Arm vor das Gesicht. Langsam lässt die Intensität des Lichtes nach. Der Nekromant öffnet seine Augen, doch schaut nur in die Leere. Auch Lamilias Augen blicken verloren durch die Gegend.

Das Bild, welches beide nicht zu vernehmen mögen, ist der aufrecht stehende Noah, gereinigt von Blut und dem Schmutz des Waldes. Am Boden, auf dem dieser eben noch lag, sind zwei große Abdrücke von engelsgleichen Schwingen in das Moos eingebrannt. Die beeindruckende Brandnarbe bildet genau zwischen den beiden Stellen eine Unterbrechung, an dem Noahs Schultern in den Boden gedrückt wurden.

Bevor das himmlische Licht gänzlich verschwindet, holt Noah aus. Er macht einen Schritt in Xenos‘ Richtung und schlägt mit seiner neu gewonnenen Kraft zu. Für den Nekromanten unmöglich abzuwehren, trifft der heilige Junge ihn direkt ins Gesicht. Xenos fliegt zurück und landet auf dem Boden, als das Licht der Sonne schließlich wieder durch die Bambuswipfel dringt.


Geschrieben von: Mika
Idee von: Mika
Korrekturgelesen von: May
Veröffentlicht am: 01.01.2019
Zuletzt bearbeitet: 04.09.2019
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