Kapitel 14 – Ayame

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Während der Besprechung der Dämonenfürsten haben sich Livis und Nidhörun abgesetzt, um dem Kampf zwischen Lucien und Nekomaru zu folgen. Einer von Livis‘ Nebelgestalten hat ihn benachrichtigt, dass der blondhaarige Junge nun vor Lucien steht, dem Sohn von Noramuth, des Dämoenfürsten von Leben und Tod. Durch eine alte Kristallkugel beobachten sie das Treiben. Wie bei einem spannenden Arenawettkampf lassen sich die beiden mitreißen. Livis ist dabei eindeutig auf Luciens Seite. Nidhörun jedoch freut sich sowohl über Luciens als auch über Nekomarus Erfolge.

Schließlich wird Nekomaru von Luciens Vater durch die Wand neben die Pforte geschleudert, sieht seine Chance und verschwindet auf die dahinter liegende Ebene. Sprachlos blicken die beiden auf den entgeisterten Lucien. Dann schauen sie sich gegenseitig an.

„Nekomaru hat es ins Impakt-Versteck geschafft“, gibt Livis wieder.

Plötzlich ist die Laune des Dämonenfürsten nicht mehr so ausgelassen. Auch Nidhöruns Stimmung ist gedämpft.

„Lucien hätte gewonnen“, meint Livis, „würde er das Versteck betreten dürfen. Aber du musstest ihm ja unter allen Umständen verbieten durch die Pforte zu schreiten.“

Schmunzelnd antwortet Nidhörun: Mach dir keine Sorgen. Er hat vielleicht Lucien überwunden, aber im Versteck befinden sich ebenfalls treue Diener.“

Auf der anderen Seite der Pforte rafft sich Nekomaru wieder auf. Er befindet sich in einer hohen Halle, gemauert aus schwarzem Basalt. Durch einen breiten Bogen kann man tiefer in das Versteck schauen. Niemand scheint hier zu sein. Es ist still. Kampfbereit stellt der sich dem Portal gegenüber und wartet auf Luciens Erscheinen. Doch der weißhaarige Junge kommt nicht.

Schließlich dreht sich Nekomaru um. Er lässt seine Sense verschwinden und beginnt leise aus der Halle zu schleichen. Es ist nicht leicht, denn jedes kleinste Geräusch hallt an den Wänden wider. Er schleicht durch die langen, leeren Gänge des hohen Tonnengewölbes. Abgehend davon finden sich immer wieder verschlossene Türen. An jeder von ihnen lauscht der Junge, ob sich dahinter jemand befindet. Schließlich hört er zwei Männer sprechen. Nur gedämpft kann er ihrem Gespräch durch die massive Holztür folgen. Nekomaru erhofft sich, einige Informationen zu bekommen. Das ganze Gewölbe ist für ihn ein einziges Labyrinth. Er konzentriert sich. Eine der Stimmen wird immer lauter und verständlicher. Dann öffnet sich die Tür.

Nekomaru schreckt auf. Er schaut hinauf, in das Gesicht des verwirrten Mannes. Verlegen lächelt Nekomaru ihn an. Schon im nächsten Augenblick, bevor der Kultist etwas erwidern kann, rammt ihm der Junge seinen Dolch unter das Kinn. Er sinkt leblos zu Boden, während Nekomaru sich schnell in den Raum zurückzieht und seine Sense ruft. Auf einem von zwei Betten sitzt der schockierte Gesprächspartner des Mannes. Er springt auf. Doch schon ist Nekomaru bei ihm. Der Blondhaarige grinst ihn an, bevor er auch sein Leben beendet und mit einem gezielten Schnitt den Kopf des Mannes zwischen Mund und Nase halbiert.

Zufrieden und erleichtert atmet Nekomaru auf. Der kleine Raum ist ein Schlafgemach für zwei Personen. Sporadisch eingerichtet mit einem Schrank, zwei Tischen und den beiden Betten. Bevor Nekomaru weitergeht, versucht er die Spuren zu beseitigen. Er zieht die Leiche aus der Tür in den Raum. Er sammelt seinen Dolch wieder ein und säubert ihn an der Kleidung des Toten. Dann hievt er beide Männer angestrengt ins Bett und überdeckt sie mit ihren Decken. Aus dem Schrank zieht er ein paar Kleidungsstücke, die er über die Blutflecken wirft. Sicher ist das nicht gut versteckt, aber es wird ihm ein wenig Zeit verschaffen.

So macht er sich schnell auf, weiter durch die Gänge zu streifen. Wird er Ayame hier wirklich finden? Wäre er nicht bereits auf die beiden Kultisten getroffen, hätte er angenommen, dass dieser Ort längst nicht mehr bewohnt wäre. Doch so behält er sein vorsichtiges Vorgehen bei.

Plötzlich laufen hinter ihm, an der letzten Abzweigung, drei Kultisten vorbei. Sie sind in Eile. Haben sie seine Anwesenheit schon bemerkt? Langsam schleicht Nekomaru weiter. Kurz vor der nächsten Kreuzung hört er viele Stimmen und Schritte näherkommen. Der Junge entscheidet sich, abzuwarten bis sie vorübergezogen sind. Leise öffnet er eine der Türen, hinter denen nichts zu hören war, und schleicht sich hinein. Immer lauter und klarer werden die Stimmen draußen auf dem Gang. Es handelt sich um mindestens ein Dutzend Leute.

Der Raum, in dem Nekomaru Zuflucht gesucht hat, ist ein weiteres Schlafgemach. Doch als er sich in der dunklen Kammer mehr umsieht, bemerkt er, dass er entgegen seinem Erwarten nicht allein ist. In einem der Betten schläft jemand. Der Junge beugt sich über das Bett und betrachtet den Kultisten. Ein älterer Herr mit grauen Haaren und einem kurzen Bart liegt friedlich, tief schlafend unter der Decke. Von ihm scheint keine Bedrohung auszugehen. Dennoch geht Nekomaru kein Risiko ein. Er zieht seinen Dolch. Dann hält der Junge seinem Opfer den Mund zu und rammt ihm seine Waffe in den Hals. Der alte Mann will aufschreien, stemmt sich gegen Nekomarus Hand, verliert dann jedoch bereits die Kraft und sinkt zurück in sein Bett. Der Junge spürt, wie seine Glücksgefühle seinen Körper durchströmen.

Was Xenos wohl gemacht hätte, fragt sich Nekomaru? Dieser sagte ihm immer, dass er nicht zum Spaß töten solle. Doch das war nicht nur zum Spaß. Der alte Mann hätte aufwachen und ihn verraten können. Ihn am Leben zu lassen wäre für den Jungen genauso inkonsequent wie von jemandem zu verlangen ein Geheimnis zu wahren. Wenn man nicht möchte, dass etwas passiert, minimiert man das Risiko. Wenn man also nicht möchte, dass jemand etwas weitererzählt, bittet man ihn nicht es für sich zu behalten, sondern sorgt dafür, dass er es nicht weitererzählen kann. Das ist Nekomarus Philosophie. Tote können dir nicht mehr gefährlich werden.

Außerdem, so findet Nekomaru, solle sich Xenos ihm gegenüber auch nicht aufspielen wie die oberste moralische Instanz. Denn aus seiner Sicht scheint Xenos ihm gar nicht so unähnlich zu denken. Dabei erinnert sich Nekomaru nur an dessen Erzählungen über den Nekromantenjäger in Al’Kasar. Um seine nekromantischen Kräfte im Kampf nutzen zu können, hat er alle Anwesenden in der Nähe in sein Grab der Toten gezogen. Nur, damit niemand sein Geheimnis erfährt. Genauso hätte er auch gehandelt. Nekomaru empört sich innerlich. Für ihn ist Xenos nicht besser als er.

Schließlich konzentriert er sich wieder auf seine eigentlich Aufgabe. Die Stimmen auf dem Gang sind so gut wie verschwunden. Leise öffnet er wieder die Tür und schaut nach draußen. Niemand ist zu sehen. Nun kann Nekomaru weiter nach Ayame suchen.

Nahezu verloren irrt der kleine Junge auf der Suche nach Hinweisen weiter durch die weiten Gänge. Er stellt sich die Frage, ob sich hier überhaupt jemand orientieren kann. Alles sieht nahezu identisch aus und wirkt trist. Hinzu kommt, dass Nekomaru nicht mehr genau sagen kann, wo er ist und ob er hier schon einmal lang gekommen ist.

Doch dann sieht er eine Treppe am Ende des Ganges. Er ist sich sicher, dort war er noch nicht. Vor der kleinen Treppe mit lediglich fünf Stufen schaut er hinab. Statt den massiven Holztüren erstrecken sich in diesem Gang Gittertüren. Außerdem läuft einer der Kultisten den Gang ab. Er bewegt sich auf Nekomaru zu. Schnell weicht der Junge zurück und legt sich flach auf den Boden, um nicht entdeckt zu werden. Gebannt hört er jeden einzelnen Schritt. Sie werden immer lauter, immer deutlicher. Dann stoppen sie. Und schließlich beginnen sie wieder leiser zu werden.

Nekomaru sieht seine Chance. Er erhebt sich, schleicht die Treppen hinunter und heftet sich an die in Roben gehüllte Gestalt. Der Junge holt unbemerkt auf, geht schließlich direkt hinter der Wache. Dann beendet er es. Er springt auf, reißt ihr den Kopf zurück und durchtrennt die Kehle. Röchelnd sinkt der Mann zu Boden.

Noch einmal schaut sich der Blondhaarige um. Keine weitere Gefahr ist auszumachen. Dann schaut er neben sich in die Zelle, abgetrennt durch eine der verschlossenen Gittertüren. Ein kleines Mädchen mit langen, blonden Haaren in schmutzigen Lumpen steht in dem dunklen Verlies. Mit ihren wunderschönen, blauen Augen schaut sie ihn entgeistert an. Ängstlich weicht sie zurück.
Nekomaru hingegen ist außer sich vor Freude. Nicht nur aufgrund des gelungenen Mordes, sondern auch, weil er sich erhofft, dass vor ihm das Mädchen steht, welches er die ganze Zeit gesucht hat.

„Bist du Ayame?“, sucht er letzte Bestätigung.

„Wer bist du?“, antwortet das Mädchen mit einer Gegenfrage.

„Ich bin Nekomaru, ein Freund von Xenos. Ich bin hier, um Ayame zu befreien.“

„W-wo ist Xenos?“, stammelt sie schüchtern.

„Er ist nicht hier. Man hat uns eine Falle gestellt. Es geht im gut, doch die Falle hat ihn erwischt.“

Das Mädchen seufzt verloren.

„Du kannst ihm vertrauen, mein Kind“, klingt die alte, sanfte Stimme eines Mannes aus der Zelle gegenüber.

Erschrocken dreht sich Nekomaru um und blickt den grauhaarigen Gefangenen in abgenutzter Robe an.

„Wer seid Ihr?“, will der Junge wissen.

„Vor einiger Zeit habe ich deinem kleinen Freund geholfen. Ich bin ihm als Prophet bekannt. Doch für weiteren
Austausch ist keine Zeit. Du musst schnell fort von hier. Und nimm Ayame mit!“

Nekomarus Blick fällt zurück auf das Mädchen. Sie ist inzwischen wieder näher an die Gitterstäbe gekommen. Vor ihm steht also tatsächlich Ayame. Xenos‘ lang verlorene Schwester. Jetzt fällt sein Blick auf das Schloss.

„Der Wachmann hat die Schlüssel“, deutet Ayame auf den Toten.

Schnell durchsucht Nekomaru ihn und zieht einen Schlüsselbund hervor. Nach und nach probiert er die einzelnen Schlüssel aus. Er wirkt gehetzt. Die warnenden Worte des Propheten treiben ihn an. Es dauert eine Weile, doch schließlich klickt das Schloss. Die Tür öffnet sich und das Mädchen tritt in die Freiheit.

„Jetzt der Prophet“, spricht Ayame aufgeregt.

Ruhig wendet der Mann sich den beiden Kindern zu: „Dafür bleibt keine Zeit. Sie werden jeden Moment von deiner Anwesenheit erfahren, kleiner Dämonenjunge. Nutze den Vorsprung, der dir noch bleibt, nicht für diesen verlorenen, alten Mann.“

Traurig schaut Ayame zwischen dem Propheten und Nekomaru hin und her. Dann reicht der Blondhaarige ihr die Hand. Sie zögert, doch schließlich greift sie zu. Sofort zieht der Junge sie mit sich und die beiden verschwinden aus dem Verlies.

So schnell sie können, rennen die beiden Kinder durch die verwobenen Gewölbegänge. Für einen leisen Rückzug sind beide viel zu aufgeregt. Nekomaru kann es kaum erwarten, Xenos dessen Schwester zu bringen. Er hofft, ihn so von Lamilias Bann lösen zu können. Und Ayame ist zugleich glücklich über ihre zurückgewonnene Freiheit als auch darüber, ihren Bruder wiedersehen zu können. Doch bevor die beiden wirklich ihren Erfolg feiern können, müssen sie diesem Basaltlabyrinth zuerst entkommen. Nur mit viel Konzentration kann sich Nekomaru erinnern, an welchen Ecken er abgebogen ist. Diesen Weg gilt es nun zurückzuverfolgen.

Doch auch in anderen Richtungen wird es zunehmend lauter. Beiden ist klar, dass ihre Flucht spätestens jetzt bemerkt wurde. Sie suchen nach ihnen. Als sie um eine der nächsten Ecken biegen, stehen sie schließlich zwei trainierten Männern mit Morgensternen gegenüber.

„Bleib zurück“, schiebt Nekomaru das kleine Mädchen nach hinten und ruft seine Sense.

Schon stürzen sich die Männer auf die Kinder. Nekomaru macht sich bereit, ihren Hieben zu entgehen. Doch das ist nicht nötig. Er merkt, dass sie nicht ihn, sondern Ayame fokussieren. Wie angewurzelt steht das Mädchen da. Statt auszuweichen muss Nekomaru verhindern, dass sie zu Ayame durchbrechen. Schnell holt er stattdessen zum Gegenschlag aus. Doch der Gegner kann rechtzeitig reagieren und weicht zurück. Was Nekomaru hingegen zu spät bemerkt ist, dass der andere Mann sein Ziel geändert hat. Sein Morgenstern fliegt direkt auf Nekomarus rechtes Schulterblatt zu. Es bleibt keine Zeit mehr, dem Schlag zu entkommen.

In dem Moment spricht Ayame: „Corpis durum!“

Schon trifft Nekomaru der Stern. Doch dieser prallt förmlich von ihm ab. Der Angreifer ist verwirrt. Diesen Moment nutzt Nekomaru, legt neue Energie in einen Sensenhieb und durchschneidet den Oberkörper des Mannes. Doch schon greift dessen Verbündeter erneut an. Mit Leichtigkeit pariert Nekomaru den Schlag, kann jedoch nicht verhindern, dass sich die Kette des Morgensterns um seinen Sensenschaft wickelt. Beide versuchen ihre Waffen wieder an sich zu ziehen. Dann tritt der Mann aus. Mit seinem Stiefel tritt er dem Jungen in den Magen. Dieser verliert den Halt an seiner Sense, fliegt zurück und krampft zusammen. Siegessicher und rasend vor Wut lässt der Mann die ineinander verwickelten Waffen fallen und tritt vor Nekomaru. Er beugt sich über den Jungen hinab, fixiert ihn am Boden und beginnt ihn zu würgen.

„Nein!“, schreit Ayame hilflos.

Nekomaru versucht die starken Hände um seinen Hals zu lösen. Doch sein Feind ist stärker. Er hat keine Chance. Auch an seinen Dolch kommt er nicht heran. Sein Rücken und seine Hüfte werden unter dem Gewicht des Mannes zu Boden gepresst. Dann beginnt der wütende Kultist, den Kopf des Jungen wiederholt anzuheben und zu Boden zu schlagen. Ein immer größer werdender Blutfleck bildet sich auf dem dreckigen Boden. Nekomaru wird schummerig.

Doch plötzlich brüllt der Mann auf. Ayame hat ihm mit dem Morgenstern seines gefallenen Mitstreiters die Ferse zertrümmert. Sein Griff lässt nach und die Gelegenheit nutzt Ayame, um den Koloss von ihrem Befreier zu schubsen. Mit letzter Kraft und enormen Kopfschmerzen rafft sich der kleine Junge auf, zieht seinen Dolch, rammt ihn dem auf dem Boden liegenden Mann in den Bauch und schneidet ihm diesen bis zur Brust auf. Dann übergibt er sich und verliert den Halt.

Ayame fängt ihn auf. Aus den Gängen hinter ihnen hört man Stimmen lauter werden. Sie haben den Kampf sicher gehört. Die beiden Kinder müssen von hier verschwinden. Doch Nekomaru kann nicht mehr weiter. Sein Kopf ist blutverschmiert, seine Sicht getrübt und sein Verstand nahezu abstinent. Noch ein letztes Mal konzentriert sich Ayame, legt ihre Hand auf den blutenden Hinterkopf des Jungen und spricht magische Worte. Nekomaru spürt, wie ihn die Kraft durchdringt. Eine wohlige Wärme umgibt seinen Kopf. Seine Sicht klart auf und sein Verstand kehrt zurück. Langsam stützt er sich wieder ab.

„Geht es dir besser?“, fragt Ayame.

Nekomaru nickt.

„Wir müssen fort von hier.“

Der Junge steht auf und wankt vorwärts: „Du hast recht.“

Schnell werden seine Bewegungen wieder sicherer. Er hebt seine Sense auf, befreit sie vom Morgenstern und nimmt Ayame wieder an die Hand. Sie gehen weiter.

„Da vorne sollte es sein. Wir müssen dort nach rechts abbiegen und dann ist es nur noch ein kurzer Weg bis zum Ausgang“, erklärt Nekomaru, während er mit Ayame rennt.

Obwohl Nekomaru Rücksicht auf sie nimmt, kann das Mädchen kaum mithalten. Das Rennen fordert viel Kraft von ihrem Körper, die sie nicht mehr hat, nachdem sie jahrelang in der Zelle eingesperrt war. Dennoch hält sie durch. Der Gedanke an ihren Bruder treibt sie an.

Schließlich biegen sie ab. Sie können das Portal in die Freiheit bereits sehen. Doch es verhält sich eigenartig. Es flackert und die Intensität der Leuchtkraft schwankt. Es ist nicht stabil. Jemand macht sich daran zu schaffen und versucht es zu schließen. Die Ebene um sie herum bleibt jedoch stabil, was nur bedeuten kann, dass es bewusst geschlossen wird, ohne den Kern der Ebene zu zerstören.

„Schnell!“, treibt Nekomaru Ayame an und rennt los.

Die beiden Kinder geben noch einmal alles. Jeden Moment kann sich die Pforte für immer schließen. Dann sitzen sie hier fest. Doch kurz bevor sie die große Portalhalle erreichen, hören sie hinter sich eine bedrohliche Stimme durch die Gänge hallen.

„Halt! Oder euer Freund wird sterben.“

Die beiden drehen sich um. Am anderen Ende des Ganges steht eine Gruppe Impakt-Kultisten. In vorderster Reihe kniet der Prophet. Einer der Männer hält einen gekrümmten Dolch an dessen Hals. Ayame verharrt wie angewurzelt.

„Wenn ihr die Pforte durchtretet, wird er sterben“, wiederholt der Kultist seine Drohung. „Das willst du doch nicht, oder, Kleine?“

„Verschwindet!“, ruft der Prophet den Kindern entgegen.

Nekomaru greift nach Ayames Hand und will sie fortziehen.

Sie wehrt sich: „Ich kann ihn nicht sterben lassen.“

„Du musst. Wir brauchen dich“, redet Nekomaru auf sie ein.

„Ich hätte ihn nie zurücklassen dürfen.“

„Was ist ein Leben für das der ganzen Welt?“

Ayame reißt sich los: „Jedes Leben ist wertvoll.“

Mit allen Mitteln versucht Nekomaru, das Mädchen weiter zu überzeugen: „Wenn wir hierbleiben und gefangen werden, haben die Dämonenfürsten gewonnen. Xenos braucht uns! Die Pforte schließt sich jeden Augenblick!“

„Ich kann nicht. Es tut mir leid“, winselt das Mädchen. „Niemand sollte wegen mir leiden. Meine Aufgabe sollte es doch sein, die Lebenden vor dem Leid zu schützen.“

Nekomaru ist sprachlos. Sie wird es nicht akzeptieren. Wenn er sie mit einem Ruck mitzieht, können sie es schaffen. Doch bevor er dazu kommt, erhebt Ayame die Stimme und tritt nach vorn.

„Ich bleibe bei euch. Aber dafür lasst ihr ihn am Leben und Nekomaru darf gehen.“

Sie wendet sich Nekomaru zu: „Xenos braucht zumindest dich. Bitte stehe meinem Bruder weiter bei.“

Die Kultisten überlegen. Die Pforte hingegen ist so gut wie geschlossen. Statt hin und wieder zu verschwinden, ist sie mittlerweile größtenteils verschwunden und öffnet sich nur noch für Bruchteile von Momenten. Nekomaru kann das nicht zulassen. Er macht ebenfalls einen Schritt nach vorn, greift Ayames Arm und zieht sie mit Gewalt zum Portal. Ayame versucht zu widerstehen.

„Einverstanden“, entscheiden sich schließlich die Kultisten.

Ayame gibt Nekomaru nach. Die Pforte öffnet sich ein letztes Mal, Nekomaru schreitet hindurch und zieht das Mädchen nach sich. Doch mit einem letzten Ruck befreit sich Ayame aus Nekomarus Griff. Nekomaru spürt, wie er den Kontakt durch die Pforte verliert. Und schließlich schließt sich das Portal.

„Es tut mir leid, Nekomaru. Es tut mir leid, Xenos.“


Geschrieben von: Mika
Idee von: Mika
Korrekturgelesen von: May
Veröffentlicht am: 01.06.2019
Zuletzt bearbeitet: 28.08.2019
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